26.05.2007 – Lausitzer Rundschau


Auf den Spuren der Gerber im Stadtteil Kirchhain

Felle nicht weggeschwommen

Doberlug-Kirchhain. Zur 10. Tour aus dem Rad- und Wanderkalender, einer Tour auf den Spuren des Gerberhandwerks, konnte Elfriede Biskupski 28 Wanderfreunde aus nah und fern begrüßen. „Wir werden heute eine Führung durch das Weißgerbermuseum mit Dr. Andreas Hanslok erleben, anschließend wird der Gerbermeister Manfred Oettrich bei einem Stadtrundgang einige alte Gerbereien vorstellen und nach dem Mittagessen steht die Besichtigung der Technischen Ausstellung auf dem Plan. Zum Abschluss wird Manfred Oettrich noch seine neue Gerberei vorstellen“, so die Mitorganisatorin der Rad- und Wandertouren.

Beim anschließenden Stadtrundgang mit Gerbermeister Manfred Oettrich.Im Weißgerbermuseum erläutert dessen Leiter, Dr. Andreas Hanslok, die Geschichte des Gerberhandwerks. Foto: B. Balzer

Anfang des vorigen Jahrhunderts gab es in Kirchhain 100 Gerbereibetriebe, 80 Meister und 600 Gesellen. Bei 3000 Einwohnern, die Kirchhain damals hatte, war also fast jede zweite Familie direkt oder indirekt mit der Lederherstellung beschäftigt.
Dr. Andreas Hanslok nannte die zwei wesentlichen Gründe, warum sich dieses Handwerk hier so entwickeln konnte: wegen der schlechten Bodenqualität mussten sich die Bauern auch Schafe halten und die Kleine Elster führte ein sehr sauberes, weiches, eisenfreies Wasser, was sich für die Weißgerbung eignete.
Dann führte er die Gäste des Wandertages durch das 1753 erbaute und bis 1947 als Gerberwerkstatt dienende Gebäude. Die Gäste erfuhren den Werdegang vom Waschen der gesalzenen Felle, der Schmutzentfernung in der Wolle durch Klopfen, der Enthaarung der Haut, der Beseitigung des Fettgewebes, dem Eschern der Blößen und der Beizung über den eigentlichen Gerbvorgang im Gerbbottich mit Kochsalz, Alaun, Wasser und ggf. Weizenmehl und Eier bis zur Trocknung, der Zurichtung der Borke und dem Stollen.
„Die Führung war sehr unterhaltsam, und eine Führung ist immer besser, als wenn man allein durch die Ausstellung geht. Man erfährt mehr, besonders die schönen, lustigen Geschichten am Rande der Historie“, freut sich Yvonne Faltin aus Doberlug. Auch Günther Buchelt aus Finsterwalde ist voll des Lobes: „Die Führung war nicht so hochtrabend und trocken, sondern mit dem Lausitzer Witz untermalt. Und so einen Museumsbesuch und so eine Stadtwanderung wollte ich schon immer mal wieder machen.“
„Ich bin zum ersten Mal im Museum und muss sagen: sehr schön, sehr interessant“, ist Maria Dörnbrack aus Wahrenbrück überrascht. „Uns interessiert die alte Handwerkskunst der Gerberei und die Lederherstellung, wie es damals war, und wir möchten erfahren, warum sich der Manfred Oettrich besonnen hat, den Beruf seiner Vorfahren wieder auszuüben“, möchten Karin und Klaus Gebauer aus Crinitz wissen.
Gleich nach dem Verlassen des Weißgerbermuseums in Richtung Markt machen die Wanderer am Gebäude der Maschinenbaufirma Zaak Station. „Hier wurden früher Kessel für die Gerbereien hergestellt, bevor es zu DDR-Zeiten eine Staplerwerkstatt für den Obst und Gemüsehandel wurde“, weiß Manfred Oettrich zu berichten. Daneben steht das Haus des Fellhändlers Rompe und ein Stückchen weiter die Gerberei Fläming, wo auch der Vater von Manfred Oettrich gelernt hatte. Am Markt dann die ehemalige Gerberei Teichler, wo auch das Büro der Innung war. Alle Teilnehmer der Stadtführung spüren, hier strahlt fast jedes Haus Gerbertradition aus.

Bernd Balzer