31.08.2009 – Lausitzer Rundschau


Wie die Gerberei einst die Stadt prägte

Kirchhainer Handwerk an der Straße des Leders

Doberlug-Kirchhain In der Potsdamer Straße bot sich den Festbesuchern zum Stadtfest „775 Jahre Kirchhain“ die Chance, den traditionellen Produktionsprozess im Gerberhandwerk nachzuvollziehen. Dazu präsentierten sich die drei verbliebenen Gerbermeister der Stadt sowie ihr Lieferant und Reparateur für Maschinen Hendrik Schulze.

Gerberei Manfred Oettrich
Die Gerbermeister führen in der Potsdamer Straße ihr Handwerk vor. Foto: D. Seidel Foto: D. Seidel

Auch Fragen der vorbeiflanierenden Leute zur Gerberei wurden ausführlich beantwortet. So demonstrierte Manfred Oettrich an einer vorbereiteten Wildschweinhaut, wie mit dem Streicheisen Fleisch und Fett entfernt werden. „Heute wird das vielfach auch maschinell gemacht, die Entfleischung per Hand ist sehr anstrengend und kraftintensiv“, erläuterte er. Außerdem gab Oettrich, der noch mit traditionellen Mitteln arbeitet, einen kurzen Überblick der verschiedenen Gerbstoffe, von mineralischen wie Chrom über die Fettgerbung bis zur pflanzlichen mit Eichenrinde.

Nebenan bei Paul Höppner konnte man dessen einzigartigen Straußenlederwaren, darunter Schlüsselanhänger, Portemonnaies und modische Handtaschen, bewundern und auch kaufen. Dabei betonte er: „Wir haben heute alles von der Rohware bis zu Finalprodukten hier.“ Extra zum Jubiläumsfest gab es viele Artikel auch zum Sonderpreis von 7,75 oder 77,50 Euro. Bei Höppner konnte man auch erfahren, dass der Glanz des Leders davon abhängt, ob es mit oder ohne Zurichtung angefertigt wird.

Arno Wolf, der älteste der drei Gerber, bot den Gästen sein umfangreiches Sortiment an Mufflon-, Wildschwein- und Schaffellen sowie flauschige Hausschuhe mit Lammfell an. Dabei erklärte er die Vorteile dieses Naturprodukts: „Wichtig ist, dass wir kein synthetisches Material für die Schuhe verwenden. So können sie, wenn man schwitzt, bis zu 28 Prozent Feuchtigkeit aufnehmen.“ Des Weiteren lobte er die Zusammenarbeit der Gerber mit der Firma Metallbau Schulze, denn der Familienbetrieb, aktuell von Hendrik Schulze geführt, beliefert die Kirchhainer Gerber seit drei Generationen mit Spiralmessern und den dazugehörigen Wellen. Vor der Wende war man in diesem Segment sogar einziger Hersteller in Deutschland, berichtet Hendrik Schulze. So erinnert sich Arno Wolf auch noch an die enorme Hilfe, die Schulzes den Gerbern nach dem Krieg leisteten. Besonders hob er dabei deren Einfallsreichtum hervor, teilweise habe es sogar Neuerfindungen in Kirchhain gegeben.

Schließlich konnte jeder Besucher etwas Wissenswertes über das prägende Handwerk der Gerberstadt mit nach Hause nehmen, auch wenn heute nur noch drei Gerber tätig sind und die Jahrhunderte alte Tradition erhalten.

Holger Manigk